Freiwilligenarbeit in Kambodscha - Erfahrungsbericht

Sportunterricht und mehr

(von Felix, 20.09.2017)

Der Wecker klingelt – es ist 5:13. Wer geht raus joggen? Noch ist die Motivation da, 2-3 Mal pro Woche eine halbe Stunde dem Sonnenaufgang nahe dem wunderschönen See Tonle Bati entgegenzulaufen. Um 6 Uhr geht es unter die Dusche bis dann, einige Zeit später der morgendliche Toast genüsslich entgegengenommen wird. Gerne folgt auf diesen auch einmal eine Srokanie, die jetzt schon lieb gewonnene Drachenfrucht. Um 7 Uhr dann schließlich geht es zu den Klassenräumen, ein paar Kinder aus ihren Stühlen rütteln, um die müden Racker mit Sport endgültig in den Tag zu begleiten.

Kambodscha – ein Land, aus und von dem man in Deutschland so gut wie gar nichts hört – dennoch aber eine gleichzeitig faszinierende wie grausame Kultur und Geschichte zu bieten hat. Dorthin begab ich mich also, kurz nachdem ich mein letztes Schuljahr beendet hatte, um hier als Lehrer zu fungieren. Meinen Schwerpunkt wollte ich hierbei im Bereich Sport setzen. Nachdem ich gut anderthalb Tage unterwegs war, bezwang ich auch am Flughafen in Phnom Penh die letzte Hürde, indem ich schließlich auch mein Visum (nach mehreren Anläufen, ich weiß meine Flugnummer und Reisepass-ID seitdem auswendig) erfolgreich entgegennehmen konnte. Nach einer Zwischenübernachtung in Phnom Penh ging es endgültig zu dem Ort, an dem ich für ein halbes Jahr leben  sollte. Die damals derzeitigen Freiwilligen nahmen mich sehr herzlich auf und ich konnte im Prinzip sofort die ersten Eindrücke sammeln, da ich dank einer kurzen Führung durch die Schule auch schon die ersten Schüler kennenlernte. Trotz leichter Feuchteveränderung meiner Kleidung aufgrund der Hitze wich man nicht von mir ab und im Endeffekt kam mir die Schule als sehr entspannter und herzlicher Ort vor.

Doch  am selben Tag begann der Unterricht für mich, bei dem ich zu Beginn glücklicherweise noch tatkräftig von den anderen Freiwilligen unterstützt wurde. Mein Stundenplan enthält hauptsächlich Sport, aber auch sehr viele Musikschulstunden, was ich zwar nicht erwartet, aber mit Freude entgegengenommen habe. An sich ist man in seinem Tun während des Unterrichts sehr frei, sprich man hat keinen direkten Lehrplan o.ä. zur Verfügung gestellt. Dies erfordert dadurch natürlich dann auch etwas mehr Vorbereitung, wobei es aber vor allem in Musik unterschiedlichste Möglichkeiten gibt, etwas für die Stunde zu planen. Neben einfachem Singen, wofür ich mir die Künste der Ukulele zur Begleitung angeeignet habe, kann man rhythmische Übungen praktizieren, vorbereitete Xylophon Lieder in der Klasse spielen oder bei einer Aufteilung in Gruppen den Kindern Instrumente wie das Klavier oder eben der Ukulele näherbringen. Prinzipiell ist der Musikunterricht also sehr praktisch ausgelegt, wobei ich den Kindern in naher Zukunft auch das Lesen von Noten beibringen möchte. Abfahren tun die Kinder vor allem auf westliche Popmusik, weshalb sich die Schüler bei Gesang sowie  beim Xylophon spielen ein kurzes „Teacher shape of you“ nicht verkneifen können. Lieder wie der „ABC Song“ oder „The lion sleeps tonight“ sind schon längst Kult, wobei ich mit dem Versuch, „Freude schöner Götterfunken“ zu spielen, vor allem bei jüngeren Xylophonisten, eher auf weniger Begeisterung gestoßen bin.

Sport, und somit auch der Sportunterricht, ist bei den Kindern mit Fußball gleichzusetzen. Selbst in diversen anderen Fächern wird man gelegentlich nach „Teacher football“ gefragt, wobei der Fußballplatz auch echt dazu einlädt. Dennoch finden die Schüler mit der Zeit auch immer mehr Spaß an Völkerball, Basketball, Staffelläufen oder Seilspringen. Schwimmen ist hier nochmal ein eigenes Fach, wobei eine leicht abnehmende Teilnahme an den Schwimmstunden nach zunehmendem Alter und Klasse erkennbar ist. Hier geht es darum, den Kindern erstmal Schwimmen beizubringen, um sie später dann schließlich auf Schnelligkeit und Ausdauer trainieren zu können. Fangen im Wasser, was die Kinder zu meinem Unverständnis Marco Polo nennen, ist nach dem Bahnen schwimmen und Reifentauchen oftmals eine beliebte Tätigkeit, um die Stunde ausklingen zu lassen.

Generell sind die Schüler in einer Klasse oft sehr unterschiedlich, was oftmals an Alter, Wohnort oder auch generellem Interesse an dem Unterricht liegt. Die Namen der kleinen Racker zu lernen fiel mir am Anfang relativ schwer, doch mit der Zeit sowie dem uns gegebenen Khmer Unterricht konnte ich die Schüler immer schneller bei Namen ansprechen, was einem nicht nur mehr Respekt bei der Klasse sondern auch einen besseren Draht zu den einzelnen Kindern an sich geschaffen hat.

Nach dem Unterricht traf man sich zu Beginn mit den anderen Freiwilligen im Staff-Room, um gemeinsam Spiele zu spielen, Musik zu machen oder einfach zu reden. Hierbei wurde vor allem aufgrund des Daseins vieler französischer Freiwilliger mein Französisch einmal wieder aufgefrischt, was ich bei den vielen Boulangerien in Phnom Penh dann auch bitter nötig hatte. Mittlerweile ist diese Zeit aber mit Khmer Unterricht überschrieben, und die gemeinsame Zeit verschiebt sich auf Abend.

Apropos Phnom Penh, die Hauptstadt habe ich in den letzten 4 Wochen kennen, lieben und auch leben  gelernt. Während ich an meinem ersten Wochenende hauptsächlich auf den vielen schönen Märkten unterwegs war, ging es an den darauffolgenden Wochenenden mit den, eine später Woche angekommenen Einjährigen Deutschen zum Sightseeing. Am meisten beeindruckt hatte mich neben dem Stadion, Wat Phnom und den vielen Tempeln das Genozid Museum, welches aus einem ehemaligen Gefängnis (S-21) der Roten Khmer entstanden ist.

Im Endeffekt kann man also von einem positiven Gesamteindruck reden, was natürlich auch die Menschen hier, vor allem anderen Freiwilligen, mit denen ich gerne meine Freizeit verbringe und verbracht habe, zu verdanken ist. Aber auch das gesamte Team rundum hier, das zwar einiges verlangt, ist fair und  kreiert im Großen und Ganzen eine sehr entspannte Atmosphäre.

Wie jetzt, kann man abends beim Essen den Sonnenuntergang beobachten, was ich jetzt auch tun werde.

 Lea sin houy, Felix

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