Freiwilligenarbeit in Ghana - Erfahrungsbericht

Mein Freiwilligendienst in einem Kinderheim in Accra

(von Milena, 19.10.2016)

Seit einem Monat bin ich jetzt in Ghana/ Accra und darf diese Stadt für insgesamt 5 Monate mein neues zuhause nennen. Das war am Anfang für mich nicht vorstellbar, da es hier einfach so komplett anders ist und auch ich, trotz Vorbereitungen, dem Kulturschock nicht entkommen konnte.  Es ist laut, voll, die Autos fahren durcheinander, überall sind kleine Hütten aus denen irgendwas verkauft wird und der Müll liegt einfach auf den Straßen herum. Vervollständigt wird das ganze Chaos durch die Trotros.

Das sind kleine, klapprige 12-16 Personen Busse, mit einem Fahrer und einem Mann, der halb aus dem Fenster hängt und schreit wohin es geht. Sie haben keine richtigen Fahrpläne und somit muss man sich leider relativ gut auskennen, um zu wissen, in welches Trotro man am besten einsteigt. Mittlerweile komme ich damit aber echt schon ganz gut zurecht, was auch gut ist, da sie mich jeden Morgen mehr oder weniger sicher zu meiner Arbeit bringen.

Zu meinem Kulturschock kam noch hinzu, dass ich für die ersten zwei Wochen die einzige Freiwillige von meiner Partnerorganisation hier war, alleine in einer Gastfamilie untergebracht war und auch in meinem Projekt die einzige Freiwillige bin und somit nicht die Möglichkeit hatte, mich mit anderen auszutauschen. Dies hätte jedoch gut getan. Es ist  deutlich einfacher, die ganzen Eindrücke zu verarbeiten, wenn man sie mit jemandem hätte teilen können, der gerade in genau der gleichen Situation steckt wie man selbst.

Aber gut, ich habe ja alles überlebt und gerade auch solche, nicht ganz so einfachen Tage, sind Teil des Abenteuers und machen einen umso stärker! Ich wurde auf jeden Fall super lieb empfangen. Die Betreuerin der Organisation hat mir die ersten Tage viel gezeigt und generell immer darauf geachtet, dass ich möglichst wenig alleine war. Die Menschen sind echt sehr nett und offen und heißen einen alle herzlich Willkommen in Ghana, sodass schon nach kurzer Zeit ziemlich viele neue Namen durch meinen Kopf schwirrten. Diverse Male bekam ich die Frage zu hören:“When will I see you again?“. Generell fühlt man sich wie ein Außerirdischer, ständig wird einem „Obruni“ („Weißer“) hinterher gerufen und viele Kinder gucken immer nur groß, wenn man an ihnen vorbei läuft und freuen sich dann total, wenn man sie anlächelt oder ihnen winkt. Das ist schon echt süß!

Jetzt zu meinem Projekt: Ich habe mich für das New Life Waisenhaus im Stadtteil Nungua beworben, zu welchem mittlerweile auch eine eigene Schule gehört. Das Schulsystem ist hier etwas anders und selbst die Kleinsten gehen schon in die Schule, in die so genannte „Nursery“. Hier wird jedoch nicht viel gespielt, sondern auch schon ab einem Alter von ca. 2 Jahren sind die Kinder einer Art Unterricht ausgesetzt. Es werden die ersten Zahlen und das Alphabet gelernt und auch schon versucht zu schreiben.

Damit bin ich leider nicht, wie geplant, hauptsächlich im Waisenhaus, sondern in der Schule und soll dort unterrichten. Ich hatte mich eigentlich bewusst dazu entschieden, in einem Kinderheim zu helfen und nicht in einer Schule, da es mir einfach mehr Spaß macht mit den Kindern zu spielen. Aber es kommt nun mal nicht immer alles so, wie man es plant.

Geduld und Spontanität sind hier und generell auch für den ganzen Freiwilligendienst in Ghana wirklich das aller Wichtigste. Hier wird nämlich nichts geplant, alle Ghanaer sind fast durchgängig entspannt und es wird halt einfach geguckt, wie es kommt. Somit wurde mir jetzt auch kein Plan oder Ähnliches vorgesetzt, wann ich wo zu sein habe und was meine Aufgaben sind. Daran muss man sich echt erst mal gewöhnen, wenn man an das strukturierte und von vorne bis hinten durchgeplante Deutschland denkt. Ich muss mir meine Aufgaben also quasi selber suchen, unterrichte ab und zu, helfe bei der Essensausgabe, bin für die Kinder da und habe immer ein offenes Ohr für sie und gucke aber auch einfach viel beim Unterricht zu.

Zunächst fühlt man sich deswegen leider nicht wirklich gebraucht. Das ist hier jedoch total normal, was ich nach einigen Gesprächen mit jetzigen und auch ehemaligen Freiwilligen, die ebenfalls in diesem Bereich tätig sind oder waren, herausgefunden habe.

Ich wohne hier  bei einer Gastfamilie, was ich jedem nur empfehlen kann. Klar ist es vielleicht nicht immer einfach, mit fremden Personen plötzlich so eng aufeinander zu wohnen, jedoch lernt man so die Kultur und Mentalität der Ghanaer einfach am besten kennen. Beim Essen entstehen teilweise echt witzige Gespräche, aufgrund von verschiedenen Gewohnheiten und man wird einfach Teil einer Familie, wodurch man mitten im Geschehen ist und das typische Leben hier selbst durchleben kann.

Mittlerweile kann ich wirklich sagen, dass ich mich wohl fühle. Jede neue Woche geht ein bisschen schneller um, weil man sich wieder etwas mehr eingelebt hat. Ich habe Spaß daran,  die Wochenenden und Abende zu nutzen, um die Kultur weiter kennen zu lernen und auf eigene Faust durch die Gegend zu reisen und schöne neue Plätze zu entdecken. Mal sehen wie die nächsten vier Monate werden, ich bin schon echt gespannt, was noch alles auf mich zukommen wird.

Mit seinen Höhen und Tiefen ist es definitiv ein Abenteuer, von welchem ich viele neue Erfahrungen und tolle Freundschaften mitnehmen und welches ich mein Leben lang nicht mehr vergessen werde.

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